Stellungnahme von Sources-d’Espoir e.V.
Verlust des Erinnerungsortes an die Berliner Afrika-Konferenz
Mit dieser Stellungnahme möchten wir unseren tiefen Unmut sowie unser Bedauern über die bereits erfolgten Maßnahmen zur Entfernung des Erinnerungsortes an die Berliner Afrikakonferenz (1884/85) zum Ausdruck bringen. Wir fordern mit Nachdruck, diesen historischen Ort nicht nur zu bewahren, sondern ihn auch im Sinne einer wahrnehmbar, kritischen Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialgeschichte und deren Auswirkungen angemessen zu gestalten. Dieser Ort ist im Besonderen ein Ort der speziellen Verantwortung Deutschlands, welche ihre Nachklang bis in unsere Tage hat. Die Berliner Afrikakonferenz markiert ein zentrales und gleichzeitig tragisches Kapitel der Weltgeschichte.
Hier wurden, ohne die Belange der afrikanischen Bevölkerung zu erfragen, in einem Akt kolonialer Macht- und Eroberungspolitik die Grundlagen für die Aufteilung des afrikanischen Kontinents durcheuropäische Mächte geschaffen. Die Beschlüsse dieser Konferenz hatten weitreichende Folgen: Landraub, Gewalt, Völkermord, Zerstörung indigener Strukturen und Kulturen sowie die Unterdrückung von Millionen Menschen. Die Verantwortung Deutschlands für dieses Kapitel der Geschichte darf nicht verleugnet oder verdrängt werden. Eine Entfernung dieses Ortes wäre gleichbedeutend mit einer aktiven Verdrängung dieser Verantwortung.
Die Vereinten Nationen haben die Dekade für Menschen afrikanischer Abstammung ausgerufen (2015-2024), um den Beiträgen von Menschen afrikanischer Herkunft weltweit mehr Sichtbarkeit zu verleihen, ihre Rechte zu stärken und rassistische Diskriminierung zu bekämpfen. Gerade in dieser Dekade wäre die Entfernung eines Ortes, der an die Wurzeln von Kolonialismus und Rassismus erinnert, ein Armutszeugnis für die deutsche Politik. Es wird das Signal senden, dass die Auseinandersetzung mit kolonialer Gewalt und deren langfristigen Folgen, von der Politik und der deutschen Gesellschaft ganz bewusst ignoriert wird. Dies wäre ein Affront gegen alle Menschen afrikanischer Abstammung, die bis heute unter den Nachwirkungen der damaligen Beschlüsse leiden.
Dieser Erinnerungsort dient nicht nur als Mahnmal, sondern auch als Bildungsstätte. Er bietet uns die Chance, über die Geschichte der Berliner Afrikakonferenz aufzuklären und eine kritische Reflexion über die Folgen des Kolonialismus zu fördern. Solche Orte sind essenziell, um das Bewusstsein für historische Ungerechtigkeiten zu schärfen und eine Plattform für gesellschaftlichen Dialog zu schaffen. Sie sind essenziell, um unsichtbare Geschichte sichtbar zu machen.
Die Existenz und Pflege dieses Erinnerungsortes sendet ein Signal der Solidarität mit allen von kolonialem Unrecht Betroffenen Menschen. Es zeigt, dass Deutschland bereit ist, sich der eigenen Geschichte zu stellen und Verantwortung zu übernehmen. Die Entfernung hingegen wird sich gegenteilig auf die Wahrnehmung Deutschlands im Kontext seiner kolonialen Verantwortung auswirken und Fragen nach dem politischen Willen zur Ernsthaftigkeit der Aufarbeitung von Kolonialvergangenheit aufwerfen.
Wir appellieren an die verantwortlichen politischen und kulturellen Institutionen, den Erinnerungsort an die Berliner Afrikakonferenz zu erhalten und ihn als Teil eines umfassenden Gedenkens an die deutsche Kolonialgeschichte zu würdigen.
Ebenso fordern wir eine intensivere Auseinandersetzung mit der Thematik, beispielsweise durch Informationskampagnen, partizipative Projekte und die Einbindung der Stimmen von Menschen afrikanischer Abstammung.
Die Beseitigung des Ortes wird nicht nur ein historisches Versäumnis darstellen, sondern auch ein fatales politisches Signal senden. Eine Gesellschaft, die ihre Vergangenheit verdrängt, kann keine gerechte und inklusive Zukunft gestalten.
Mit Nachdruck fordern wir die Verantwortlichen auf, Ihrer Verantwortung gerecht zu werden.
Verein Sources-d’Espoir e.V.
Download: Stellungnahme – Verlust des Erinnerungsortes an die Berliner Afrika-Konferenz